Das Thema Vertrauen steht diesmal im Zentrum unseres Freundesbriefes. Vertrauen - sich etwas trauen, etwas wagen, sich verlassen können und Erfahrungen damit sammeln. Schwestern erzählen von ihren Erlebnissen.
Von Sr. Annette Link und Sr. Helga Köhler am 31. August 2021
Liebe Schwestern und Brüder,
liebe Freundinnen und Freunde unserer Schwesternschaft,
in diesem Freundesbrief geht es um das Thema Vertrauen, mit dem wir uns im vergangenen Jahr beschäftigt haben. Das Thema verdanken wir Schwestern, die im sog. Retraite-Ausschuss unsere beiden Ordo Pacis Retraiten vorbereiten und begleiten. Jede von uns nimmt, wenn möglich, an einer dieser Retraiten teil, durch die wir uns als Einzelne stärken und als Schwesternschaft auf einen gemeinsamen Weg ausrichten lassen.
Zur Entscheidung, uns gemeinschaftlich mit dem Thema Vertrauen auseinander zu setzen, ist es schon zu einer Zeit gekommen, in der wir in Europa von der neuen Erkrankung durch mutierte SARS-Viren nur durch die Medien wussten und aus vermeintlich sicherer Entfernung das Schicksal der Menschen in Wuhan verfolgten. Schneller und vor allem auch länger als erwartet hat die Corona-Pandemie auch uns schmerzlich getroffen und unser Leben ganz schön durcheinander gebracht – auch uns und unsere gut eingeübten Gewohnheiten in Ordo Pacis. Nur eine der geplanten Retraiten konnten wir mit begrenzter Teilnehmerinnenzahl und unter den Auflagen eines strengen Hygiene- & Abstands-Konzepts durchführen. Die andere mussten wir ausfallen lassen. Ebenso unsern Jahreskonvent, auf dem wir normalerweise anstehende Entscheidungen besprechen und fällen. So konnte die Wahl meiner Nachfolgerin im Amt der Leitenden Schwester nicht in der uns vertrauten Weise auf dem Jahreskonvent in einem Gottesdienst stattfinden. Wir mussten unsere Wahlordnung erweitern und haben in einem Briefwahlverfahren entschieden.
Dass einschneidende Veränderungen nicht geräuschlos vonstattengehen, dass es zu Meinungsverschiedenheiten kommt, dass Zeit und Kraft für ausgleichende Kompromisslösungen der unterschiedlichen Bedürfnisse in einer Gemeinschaft unter dem Druck einer Pandemie fehlen, ist einerseits klar und muss andererseits trotzdem durchlebt und durchstanden werden. In dieser Situation war es hilfreich, dass wir uns neben allem anderen auch mit dem Thema Vertrauen beschäftigt haben.
Trotz Reise- und Kontaktbeschränkungen haben wir Wege gefunden, drei Schwestern in unseren Schwesternrat zu wählen, der meiner Amtsnachfolgerin mit Rat und Tat zur Seite stehen wird. Und wir konnten eine Schwester einsegnen. Das ermutigt, weiter nach neuen Möglichkeiten zu suchen, in unsere Gemeinschaft hereinwachsenden und an ihr interessierten Frauen Wege in unsere Schwesternschaft zu öffnen, als Schwestern in Kontakt zu bleiben oder den Wechsel von der alten zur neuen Leitung zu vollziehen. Denn auch in diesem Jahr lässt die Pandemie einen „normalen“ Jahreskonvent wieder nicht zu und fordert uns weiter heraus, nach neuen Formen für unsere gemeinschaftlichen Vollzüge zu suchen und die Veränderungen anzunehmen.
Vertrauen – sich etwas (zu-) trauen, etwas (Neues) wagen;
Vertrauen – sich verlassen können.
Ganz wörtlich verstanden: etwas (los-) lassen können
und im Verzicht erfahren, dass wir mehr sind als das,
was wir (aus uns) machen;
Vertrauen – sich verlassen können und erleben, dass da etwas ist,
das (durch-) trägt, all unseren Befürchtungen zum Trotz.
Drei Schwestern mussten wir verabschieden und weiterziehen lassen; Eine ist ausgetreten, die beiden anderen sind verstorben. Auch das sind Änderungen, die es gilt im Vertrauen anzunehmen. Unsere Schwester Ursula Koch wurde 84 Jahre alt. Sie war 41 Jahre lang eingesegnete Schwester. Unsere Schwester Lieselotte Richter wurde 90 Jahre alt und war 33 Jahre eingesegnete Schwester. Auch der letzte unserer Geistlichen Väter ist verstorben. Pastor Hartmut Clasen wurde 91 Jahre alt. Er hat am Ende seiner 20-jährigen Amtszeit den Übergang vom Geistlichen Vater zum Begleitenden Pastor mit uns vollzogen und dieses Amt für Frauen geöffnet. Alle, die sich Jahrzehnte lang eingebracht haben in unsere Schwesternschaft, haben unsere Gemeinschaft geprägt und bereichert. Dafür sind wir dankbar.
Im Juni werde ich nach einer Amtszeit von 5 Jahren die Verantwortung für die Schwesternschaft an Schwester Helga Köhler weitergeben. Sie wird sich im folgenden Beitrag vorstellen. Ich blicke dankbar auf lehrreiche Erfahrungen und viel Unterstützung zurück; kann auch in dieser herausfordernden Zeit gut und voller Vertrauen an meine Nachfolgerin übergeben; und bin froh wieder mehr Zeit für Beruf, Familie und mich selbst zu haben. Darüber hinaus bin ich gespannt, welche neue Aufgabe mich in unserer Schwesternschaft findet.
Ihnen, die diesen Freundesbrief bekommen haben und lesen, danke ich für Ihr Interesse an unserer Schwesternschaft, für alle Unterstützung im Gebet, durch Spenden oder andere Beiträge für unsere Arbeit und für das uns anvertraute Haus der Stille und Begegnung.
Ich wünsche viel Freude und Gewinn beim Lesen der folgenden Beiträge von Schwestern oder unserer Begleitenden Pastorin.
In herzlicher Verbundenheit
Schwester Annette Link
Liebe Schwestern und Brüder,
liebe Freundinnen und Freunde unserer Schwesternschaft
„Mitten in der Welt“ schrieb Schwester Sibylle vor 10 Jahren in ihrem Geleitwort 2011 und ich möchte ergänzen, „mitten in diesen unwegsamen Zeiten der Pandemie“ haben wir den Leitungswechsel vollzogen.
Für mich selbst unerwartet und zugleich selbstverständlich hatte ich mich bereit erklärt für das Amt der Leitenden Schwester zu kandidieren. Seitdem begann in mir ein Prozess von wachsendem Vertrauen auf Gottes Führung und staunendem Mut.
In diesem Vertrauen nehme ich das Amt mit seinen Aufgaben, Herausforderungen und Möglichkeiten in Dankbarkeit und Freude an. Und bei meinen Schwestern möchte ich mich ganz herzlich für ihr entgegengebrachtes Vertrauen bedanken. Das Wissen nicht allein zu sein, sondern mit meinen Schwestern gemeinsam den Weg unserer Berufung zu gehen, gibt mir Zuversicht und Mut.
Ein „Leben im Gebet“ und „Sich dem Frieden Christi öffnen“ hört sich so einfach und leicht an. Aber im Alltäglichen stelle ich mir oft die Frage, was wäre jetzt von Nöten, wie soll ich, wie sollen wir leben, dass die Berufung erkennbar sei?
Diese und ähnliche Fragen werden uns immer wieder bewegen und ich freue mich darauf, sie in unserer schwesterlichen Gemeinschaft gemeinsam zu bedenken und ihnen nach zu spüren.
Ich bin gespannt …
Da viele mich nicht kennen, einige Worte zu meiner Person:
Geboren bin ich als „DDR-Kind“ in Zossen bei Berlin. Persönliche Umstände ließen mich nach Thüringen umziehen und auf der Suche nach verbindlichem, geistlichem Leben lernte ich damals noch vor der Wende Ordo Pacis kennen. Fast zeitgleich wechselte ich meinen technischen Beruf und wurde Altenpflegehelferin. Nach Höhen und Tiefen ist es mir vergönnt gewesen, noch mal einen lieben Partner zu finden und ich heiratete vor zwei Jahren.
Inzwischen aus dem Berufsleben ausgeschieden habe ich jetzt die Gelegenheit, mich mehr der Begleitung meiner 88 jährigen Mutter zu widmen.
Ein neuer Lebensabschnitt hat sich aufgetan und ich bin offen für Veränderungen.
Abschließend grüße ich Sie mit einem Gebet welches mir für uns alle sehr am Herzen liegt.
Jesus Christus,
öffne uns Herz und Sinn für das Geheimnis deines Friedens
und zeige uns den Weg den wir gehen sollen.
In herzlicher Verbundenheit
Schwester Helga Köhler
Der gesamte Freundesbrief ist im Freundesbrief-Archiv zu finden.