​Aus der Geschichte der Evangelischen Schwesternschaft Ordo Pacis

Es war einmal… nein, keine herausragende Gründerpersönlichkeit – es waren einmal: Frauen, die Christus nachzufolgen suchten. Sie lebten in den 1930er Jahren über ganz Deutschland verstreut und fanden sich einige Male im Jahr zusammen zu Tagen der Stille und Einkehr.

Evangelische Schwesternschaften gab es zu ihrer Zeit nur als Gemeinschaften von Diakonissen. Aber die Frauen wollten sich ja nicht zusammenschließen, um gemeinsam etwas zu tun. Sie wollten beten, ihr geistliches Leben vertiefen und es miteinander teilen. Dass sie dabei die Welt um sich herum sehr wohl im Blick hatten, zeigt z. B. ein Satz aus der späteren Gründungsurkunde:

„Sie [d.i. die Schwestern] suchen dem Frieden Christi Raum zu schaffen in dieser Welt des Unfriedens.“

Aber zunächst zwang der ausbrechende Weltkrieg zu einer Unterbrechung aller Pläne. Doch schon einige Jahre nach dem Krieg wurden die Fäden und Verbindungen wieder aufgenommen. Ein wechselnder Kreis von etwa 25 Frauen aus allen Teilen Deutschlands traf sich dreimal jährlich zu Tagen der Stille und Einkehr. Acht Frauen aus diesem Kreis wagten 1953 den Schritt, sich zur Evangelischen Schwesternschaft Ordo Pacis zusammenzuschließen. Frauen aller Lebensformen aus dem ganzen deutschen Sprachraum sollten in Ordo Pacis einen Platz finden können, wenn sie sich zu einem Leben im Gebet berufen sahen. Diese Zusammensetzung der Gemeinschaft war für die damalige Zeit ungewöhnlich. Als kirchlich akzeptierter Normalfall von Frauenleben galt die Ehefrau und Mutter, nach dem Krieg auch häufig die Witwe. Berufstätigen unverheirateten Frauen wurde in Kirche und Gesellschaft oft mit Misstrauen oder mit Mitleid begegnet. Als dritte Lebensform, an die bei der Gründung gedacht war, kam die Kommunität hinzu. 1956 wurde die Kommunität Cella St. Hildegard gegründet, in der einige Schwestern gemeinsam nach Art eines Klosters lebten, beteten und arbeiteten. Innerhalb der Schwesternschaft waren alle Schwestern unabhängig von ihrer Lebensform gleichberechtigt. In dem leitenden Dreierrat war aus allen drei Lebenskreisen eine Schwester vertreten.

Ein wichtiger Einschnitt in der Geschichte von Ordo Pacis war der Mauerbau 1961, der die Schwesternschaft faktisch in einen Ostkonvent und einen Westkonvent teilte. „Inmitten ihrer Welt bewahre sie in deinem Frieden“, so beteten wir in all den Jahren miteinander und füreinander im Hinblick auf die so verschiedenen Lebenssituationen und Herausforderungen in Ost und West. Aber auch kreative Lösungen waren gefragt. So fanden die jährlichen Treffen aller Schwestern immer in Ostberlin statt, wobei die West-Schwestern in Westberlin übernachteten und täglich mit einem Tagesvisum zum Treffpunkt in Ostberlin fuhren.

Das Miteinander der verschiedenen Lebensformen war bei weitem nicht immer spannungsfrei. Besonders zwischen dem „gemeinsamen Leben“ (den klösterlich lebenden Schwestern, die zwar immer in der Minderzahl waren, aber doch ein erhebliches Gewicht hatten) und den in der Zerstreuung lebenden Schwestern musste das Verhältnis immer wieder neu ausbalanciert werden. Allerdings gab es auch immer ein tiefes Wissen darum, dass wir aneinander gewiesen waren und dass uns in unserem Ringen um versöhnte Verschiedenheit ein Übungsfeld für den Frieden Christi aufgegeben ist.

Von 1977 bis 2000 gab es auch in Ostdeutschland (Thüringen) einen Ort der Kommunität. Dieser und wenig später auch das kommunitäre Leben in der Cella St. Hildegard mussten Anfang der 2000er Jahre aufgegeben werden, weil sich kein Nachwuchs für die klösterliche Lebensform fand. Das Pfarrhaus in Thüringen ging wieder in die Verantwortung der Ortsgemeinde über. Für das Haus der Cella St. Hildegard bei Hamburg übernahm die ganze Schwesternschaft die Verantwortung. Es wird jetzt als Haus der Stille und Begegnung weitergeführt. Die Schwesternschaft als Ganze möchte sich die Offenheit für kommunitäres Leben bewahren.

Uns heute kann nur erstaunen, wie von Anfang an inhaltlich all das bereits keimhaft angelegt war, was Ordo Pacis später einmal prägen sollte:

  • die immer neue Umkreisung und Aneignung dessen, was „Friede“ im geistlichen, aber auch im weiteren Sinn bedeutet (siehe Bildbetrachtung »Maria am Spinnrocken«)
  • das Gebet
  • die „geistlichen Grundhaltungen“: schon in der Gründungsurkunde ist von Armut, Keuschheit und Gehorsam die Rede. Sie wurden in ihrem biblischen Sinn so entfaltet, dass sie als geistliche Grundhaltungen in jeder Lebensform gelebt werden konnten
  • die Offenheit für Frauen in allen Lebensformen

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