Leben im Gebet

Leben im Gebet ist ein – wenn nicht das – Kernthema unserer Schwesternschaft. Damit ist keine weltabgewandte Innerlichkeit gemeint, die sich selbst genügt. Beten führt uns immer wieder hinein in die Welt und zu den Menschen, denn dort hat Gott nun einmal beschlossen zu wohnen.

Täglich um die Mittagszeit betet jede von uns – wo auch immer sie sich gerade befindet – das folgende kurze Gebet:

„Jesus Christus, Du richtest Dein Reich auf mitten in unserer Welt.
Du bist der Friede, der die Welt durchdringt und wandelt.
Wir bitten Dich:
Schaffe Dir Raum in uns und durch uns.“

Dieses Gebet ist uns vertraut, seit es die Schwesternschaft gibt. Es ist in der Anfangszeit unserer Gemeinschaft entstanden und es drückt nach wie vor treffend aus, worum es beim Beten geht: mitten in unserer Welt, so wie sie ist, wenden wir uns Gott zu. Wir vertrauen darauf, dass Gott diese Welt nicht sich selbst überlässt. Wir glauben, dass Er sie durchdringt und wandelt mit Seinem Frieden, der Er selber ist. Klein wie ein Samenkorn ist diese Wirklichkeit, so wenig fassbar und beweisbar wie die Liebe – und doch ganz real, wenn Menschen mit ihr rechnen und sich ihr öffnen.

Wie wird Leben im Gebet in unserer Schwesternschaft gelebt? Die persönlichen Beiträge von einzelnen Schwestern zeigen etwas von der Unterschiedlichkeit, Weite und Vielfalt, wie die Berufung zu einem Leben im Gebet umgesetzt werden kann. Lebendiges Beten hat immer etwas mit einer ganz persönlichen Gottesbeziehung zu tun, und darin, so sind wir uns sicher, sind sich keine zwei Menschen gleich. Unsere Schwesternregel spricht von der einmaligen, unverwechselbaren Gottesbeziehung jeder Einzelnen. Gleichzeitig sind wir eine Gemeinschaft. Im gemeinsamen Beten und im Feiern der Eucharistie drückt sich unsere Identität aus, erfahren wir Gemeinschaft mit Gott und untereinander. Wir erfahren und lernen es immer wieder neu, wie das gemeinsame Gebet und das persönliche Beten der Einzelnen einander bereichern, ergänzen und brauchen. Konkret haben wir dies im Blick auf Gebetsformen wie liturgisches Beten und Sitzen in der Stille durchgearbeitet: Was wir eine Zeit lang wie zwei einander entgegengesetzte Pole von Beten erlebten, hat sich im Vollzug unserer Begegnungen und Konvente mehr und mehr zu einem sinnvollen Ganzen zusammengefügt.

Der gemeinschaftliche Aspekt des Betens drückt sich konkret aus in den verbindlichen Gebeten, auf die wir Schwestern uns verständigt haben: Das Gebet am Morgen als gemeinsamer Ausdruck der Hingabe, das oben schon genannte Friedensgebet in der Mittagszeit, das Gebet am Abend, mit dem der Tag mit Dank zurückgegeben wird und das Schwesterngebet am Sonntag. Letzteres ist ein Fürbittgebet mit eher internem Charakter, die drei Tagesgebete teilen wir gerne mit allen Menschen, die sie für sich entdecken und für ihr Gebet nutzen mögen.

Gebet am Morgen:

Wir bekennen mit Freuden:
Dein ist alles, was wir sind und haben.
Von neuem bringen wir uns Dir heute dar,
Leib, Seele und Geist.
Nimm unsere Hingabe an,
dass wir leben zu Deiner Freude und Verfügung
durch Jesus Christus,
unsern Herrn und Bruder.

Mittagsgebet:

Jesus Christus, Du richtest Dein Reich auf mitten in unserer Welt.
Du bist der Friede, der die Welt durchdringt und wandelt.
Wir bitten Dich:
Schaffe Dir Raum, in uns und durch uns.

Gebet am Abend:

Herr Gott, himmlischer Vater, wir bringen Dir diesen Tag zurück,
den wir aus Deinen Händen empfangen haben.
Wir loben Dich und beten Dich an,
denn alles Geschehen ist gezeichnet von Dir, immer bist Du die Mitte.
Dafür preisen wir Dich:

Siehe Herr, wir opfern Dir Dank und erzählen Deine Werke mit Freuden.

  • Für die Menschen, die uns heute begegnet sind, und für alles, was uns beschäftigt hat;
  • für die Kräfte des Leibes und der Seele, die uns heute gegeben wurden;
  • für das Gut, das in unserer Hand war zum täglichen Brot;
  • für dieses Haus und diese Stadt, wo wir zur Herberge sind, preisen wir Dich:

Siehe, Herr, wir opfern Dir Dank und erzählen Deine Werke mit Freuden.

  • Für das Geheimnis der Gegenwart Christi und für unsere Gemeinschaft am Heiligen preisen wir Dich:

Siehe, Herr, wir opfern Dir Dank und erzählen Deine Werke mit Freuden.

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